Meine Nierentransplantation und die bewegende Geschichte dazu

Heute möchte ich euch gerne von meiner Nierentransplantation, dem Ablauf und den Erfahrungsberichten danach erzählen. Es war kein leichter Weg. Von der Benachrichtigung über die Vorbereitungen und Nachuntersuchungen bis zum Ende einer großen Liebe. Auch wenn es für mich kein dauerhaftes Happy-End gab, möchte ich euch dennoch Mut und Zuversicht geben.
Inhaltsverzeichnis
Es ist der 18.10.2008 gegen 23:00 Uhr und das Telefon klingelt. Der Anruf, der mein Leben in einer Sekunde verändern wird:
"Guten Abend Tanja, ich hoffe, ich störe nicht?"
"Guten Abend Herr Doktor. Nein alles gut, was gibt es denn?"
"Stehen Sie?"
"Ja ,warum?"
"Dann setzten Sie sich bitte, ich habe eine gute Nachricht für Sie. Soeben erhielt ich einen Anruf von der Uni Klinik Gießen: wir haben eine Niere für Sie!"
Wow – mir fehlten die Worte. Ich wusste nicht, ob ich Weinen oder Lachen sollte und gleichzeitig wurde mir ganz flau im Magen.
"Tanja, bitte folgen Sie jetzt meinen Anweisungen: legen Sie sich jetzt etwas zum Schlafen hin und kommen ausgeruht um 5:00 Uhr morgens in die Uni Klinik direkt auf die Station für die Blutentnahme."
Der Tag meiner Nierentransplantation
Meine Geschichte begann nach einer fast schlaflosen und kurzen Nacht. Ich habe an diesem Morgen meinen Sohn zu meinen Eltern gebracht und mein Vater begleitete mich in die Klinik zur moralischen Unterstützung. Im Klinikum angekommen ging auch schon sofort die Blutentnahme los. Diese ist vor jeder Nierentransplantation notwendig, um die letzten Zweifel einer Übereinstimmung zu widerlegen.
Eine letzte Dialyse vorher lag dann auch noch an, um alle Werte wie z.B. Kalium und HB im Blut auf einen guten Stand zu bringen, die für meine geplante Nierentransplantation unbedingt stimmen mussten. Die Stunden am Dialysegerät vergingen und ich wurde danach sofort für die Operation vorbereitet. Das obligatorische OP-Hemd wurde gereicht und auch die bekannte Tablette zur Beruhigung der Seele.
Danach wurde ich durch die OP-Schleuse gefahren und von den super lieben und einfühlsamen Pflegern und Schwestern für die Organtransplantation gründlich vorbereitet. Wir wünschten uns alle gegenseitig viel Erfolg und dann ging es auch schon sofort mit der Narkose los und ich schlief ein. Der Countdown läuft - jetzt liegen wohl 3-4 Stunden Operation vor mir.
Jeder, der schon mal eine Vollnarkose hatte, kennt wohl dieses Gefühl. Kaum lag ich für die Nierentransplantation noch im Operationssaal, verging die Zeit sprichwörtlich wie im Traum und ich wachte plötzlich in einem anderen Zimmer wieder auf. Ich sah kurz um mich und nahm wahr, dass ich an etlichen Geräten zur Überwachung angeschlossen war, was natürlich richtig und wichtig ist. Mein erster Satz war dann sofort: "Läuft sie?".
Ich bekam die Antwort, auf die ich gehofft hatte: 😀
Ja - sie läuft, alles ist gut!
Nun lagen drei Wochen Krankenhausaufenthalt vor mir, um die kräfteraubende Operation zu verdauen und wieder auf die Beine zu kommen. Nach bereits zwei Wochen durfte ich sogar das erste Mal für ein Wochenende nach Hause, um zu schauen, ob ich alleine mit der Situation, den Medikamenten und der neuen Niere zurechtkomme - es klappte 😊.
Nach den drei Wochen kam nun der Tag, auf den ich so lange gewartet hatte und ich wurde entlassen. Mein behandelnder Professor und zugleich Leiter vom Transplantationszentrum des Universitätsklinikum Gießen war zufrieden und es folgte noch eine kleine Prüfung meiner Medikamente. Ja, ich musste einen Medikamententest durchlaufen und beantworten können, welche Tablette welchen Nutzen hatte und mir den Dosierplan eintrichtern. Test bestanden, ich durfte nach Hause.
Eine neue Liebe entstand
Mich begleiteten nach meiner erfolgreichen Nierentransplantation dann aber noch eine ganze Zeit die regelmäßigen ambulanten Nachsorgeuntersuchungen und Reha-Maßnahmen. Die ersten drei Monate jeweils drei Mal die Woche und danach nur noch einmal pro Woche. In diesem Turnus ging es dann auch erstmal weiter, bis die Nierenambulanz irgendwann grünes Licht gab, es auf halbjährlich zu ändern. Es ging immer weiter positiv voran, was für ein schönes Gefühl.
Ach ja, um ein inniges Verhältnis zu meinem neuen Organ aufzubauen, was auch ein Ratschlag meiner Ärzte war, habe ich entschieden, meiner neuen Niere einen Namen zu geben.
Ich wusste, dass die Spenderniere von einer Frau kam und wie alt sie war. So lag es für mich auf der Hand, sie FRIEDA zu nennen. Ab diesem Tage gingen Frieda und ich gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten. Wir genossen jeden Tag und passten gegenseitig gut auf uns auf - eine große Liebe war geboren 😍!
Doch, liebe Freunde... wir müssen flüstern!

Die Zeit verging und nach 5 ½ Jahren kam plötzlich der Tag, an dem irgendetwas anders war. Mir ging es körperlich irgendwie nicht gut. Sofort ging mein Weg in die Dialyse-Praxis zur Untersuchung. Eine Blutentnahme sowie ein Ultraschall wurden gemacht. Jipp
sagte mein Arzt, ab in die Klinik
. Leute, ich kann euch sagen, das will man nicht hören!
Dort angekommen wurden unverzüglich alle Maßnahmen ergriffen. Am Ende wurde dann vom Professor mittels Nierenbiopsie eine Diagnose festgestellt mit dem Ergebnis: Abstoßung.
Nierenbiopsie erklärt:
Eine Nadel wird durch Ultraschall-Kontrolle durch die Haut bis zur Niere geführt und ein kleines Gewebestück entnommen. Keine Angst, vorher bekommt man eine lokale Betäubung der Einstichstelle. Die Nadel wird wieder herausgezogen und die Einstichstelle mit einem sterilen Pflaster abgedeckt. Nach dem Eingriff werden gewisse Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Blutentnahme, Urinprobe und Ultraschall der Niere wurden gemacht, um hierbei Komplikationen festzustellen. Nach dem Eingriff kann man entweder wieder nach Hause oder bleibt eine Nacht zur Beobachtung da, was jeweils die Klinik entscheidet. Man benötigt definitiv 3-4 Stunden Bettruhe nach der Nierenbiopsie.
Der Kampf ging also los. Es wurde alles getan, was in der Macht der Ärzte stand. Es wurde getestet, analysiert und Maßnahmen umgesetzt, ganze drei Wochen lang genau im August 2014. Das weiß ich so exakt, weil an diesen Tagen unsere deutsche Fußballnationalmannschaft in Brasilien Weltmeister geworden ist und die ganze Stadt Gießen gejubelt hat und gefühlt jeder Mensch Glück und Freude empfand. Ich allerdings lag in meinem Bett im Krankenhaus und hatte keinen Grund zum Jubeln. Auch ich habe zeitgleich zusammen mit Frieda in unserem Finale gekämpft, aber den Kampf leider verloren.
Mir ging es mit jedem Tag schlechter. Kurze Zeit später war es dann soweit und die Niere musste wieder entfernt werden, weil sie angefangen hat, sich zu entzünden. Ich war nicht böse auf Frieda, sondern war dankbar für die wunderschöne Zeit, die wir gemeinsam erlebten und habe sie letztendlich gehen lassen.
Und damit stand die Dialyse plötzlich wiederholt im Mittelpunkt meines Lebens.
Das Leben geht weiter
Meine Nierentransplantation war also nach ein paar glücklichen Jahren nicht ganz so glücklich ausgegangen. Trotzdem denke ich stets positiv und bin dankbar für diese tolle und verbundene Zeit mit Frieda und jedes Erlebnis, die wir ohne eine ständige Dialysebehandlung zusammen erleben durften. Es ist aber nicht aller Tage Abend, und so habe ich beschlossen, mich nach einer langen Zeit an der Dialyse nun doch wieder für eine erneute Transplantation vorzubereiten.
Ich möchte an dieser Stelle auch gerne einmal jedem Menschen danken, der sich bereits jetzt schon zu einer Organspender nach seinem Ableben entschieden hat. Es ist mir wichtig, dieses auch mal zum Ausdruck zu bringen. Und wer sich noch nicht entschieden, Bedenken oder Fragen dazu hat, informiert euch doch einfach mal unter https://organspende-register.de. Einen Organspendeausweis gibt es übrigens auch bei eurem Hausarzt, fragt doch einfach mal nach.
Wenn auch ihr Fragen zu einer Nierentransplantation habt oder euch mal austauschen wollt, dann zögert nicht und schreibt mir gerne einen Kommentar. Ich freue mich immer, Menschen mit meinen Erfahrungen helfen zu können.
Meine Geschichte geht bestimmt weiter!
Bis dahin
Eure Tanni
Bildnachweise:
Cover Foto von JC Gellidon auf Unsplash