Ein Shuntverschluss passiert nie zum falschen Zeitpunkt - oder auch nicht

Ein Arm mit Dialyse Shunt durchstreift eine Blütenwiese

Was plant man eigentlich zum Jahreswechsel an Silvester so alles? Bestimmt hat man schon seit Tagen das Buffet im Kopf, Einkaufslisten dazu geschrieben und die Sitzordnung festgelegt. Schnell nachschauen, ob die Sektflasche im Schrank vom letzten Jahrhundert noch haltbar ist und dann am letzten Tag ganz früh Einkaufen fahren, damit man nicht in den hektischen Trubel gerät. Alles also genau geplant und kein Spielraum für Außergewöhnliches wie einen Shuntverschluss, der selbstverständlich jetzt absolut nicht auftreten wird. Dann flüster ich euch mal was 😉.

Inhaltsverzeichnis

Schnell noch den Silvestereinkauf machen

Es ist der 30.12.2024 gegen 6:00 Uhr morgens und mein Wecker klingelt – "och Nö!".

Nun gut, ich machte mich fertig für den letzten Großeinkauf vor Silvester. Anziehen, waschen, und dann los ins Getümmel.

Als ich gerade los wollte, überkam mich blitzartig der Gedanke: "horch doch einmal kurz mit dem Stethoskop an deinem Shunt, ob alles okay ist". Ich mache das ja eigentlich täglich, doch an diesem Morgen überkam mich irgendwie ein komisches Bauchgefühl. Zwei Tage vorher am Freitag nach der Dialyse habe ich mich nämlich über einige Stunden hinweg so übergeben müssen, dass ich fix und fertig war. Mein Blutdruck ging an diesem Tage auch so in die Knie, dass es mich heute Morgen dazu bewegt hat, mir einmal meinen Unterarm abzuhören. Und mein geschultes Ohr hörte...!?

Wenn ihr sowas macht... Keine Panik ihr Lieben, kühlen Kopf bewahren!

Also erst einmal den Liebsten wecken, es war ja schließlich noch früh am Morgen.

"Pssssst... Schaaaaatz? Bist Du wach?"

Ja...!?

"Du, mein Shunt ist zu! - Ich höre kein Rauschen mehr."

Och nein, das tut mir leid. Ich mach mich fertig!

Ich habe das Telefon in die Hand genommen, bei meinem Dialysezentrum angerufen und mitgeteilt, dass ich wohl einen Shuntverschluss habe. Eine sehr liebe Schwester aus meinem Zentrum bat mich sofort vorbeizukommen, der Arzt sei bereits von ihr informiert. Gesagt getan, mit meiner soeben noch gepackten Tasche fuhren wir also ins Zentrum zum Ultraschall. Dort bestätigte sich dann leider der Verdacht: akuter Shuntverschluss. - Och nööö! 😔

Was ist ein Shuntverschluss?

Ein Dialyse Shunt im Arm spielt eine wichtige Rolle in der Versorgung von uns Patienten mit chronischer Nierenerkrankung. Ein Shuntverschluss entsteht, wenn diese Verbindung blockiert oder verengt wird. Dies verringert die Blutflussrate und kann die Dialyse beeinträchtigen. Häufig führen die Bildung von Gerinnsel im Blut oder Veränderungen im Gewebe dazu. Moderne Verfahren oder chirurgische Eingriffe können den Shunt oft wieder freigängig machen.

Wie erkennt man, ob ein Shunt verstopft ist?

Symptome für einen Shuntverschluss sind oft eine verringerte oder fehlende Vibration (Thrill) am Shunt, Schwellungen oder Schmerzen im Arm sowie eine Verfärbung der Haut, die auf eine gestörte Durchblutung hindeuten kann. Auch eine unzureichende Blutflussrate kann auf eine Verstopfung hinweisen. Regelmäßige Kontrollen durch Abtasten oder mithilfe eines Stethoskops, wie ich es fast täglich mache, können helfen, Veränderungen zu bemerken.

Aus Supermarkt wird plötzlich Notaufnahme

Nach einem tiefen Seufzer fuhren wir mit allen Papieren, die ich vom Arzt bekommen habe, unverzüglich in das Norddeutsche Shunt-Zentrum nach Reinbek direkt in die Zentrale Notaufnahme (ZNA). Dort angekommen bin ich auch sofort in ein Behandlungszimmer verlegt und mit einem Blutdruckgerät und EKG-Elektroden versorgt worden. Auch Blut wurde mir für eine Blutgasanalyse (BGA) entnommen, auch um den Kaliumwert im Blut zu bestimmen. Meine letzte Dialyse war schließlich am Freitag und das kann gefährlich werden. Aber zum Glück alles außer Gefahr, das Kalium war bei 5,4. Also alles im grünen Bereich.

Nach langem Hin und Her sollte ich mich dann mit meinem Shuntverschluss in der Radiologie melden, um mir dort meinen Shunt wieder gängig machen zu lassen. Das bedeutet: Putzen zu lassen.

Nach einer sehr guten Behandlung und dem Eingriff, der fast zwei Stunden gedauert hatte, schien mein Shunt wieder offen zu sein und der Blutfluss war wieder da. Die ganze Situation hatte mich aber doch ein wenig mitgenommen, sodass ich vor der OP ein Beruhigungsmittel verabreicht bekommen hatte, und das wirkte in diesem Fall echt gut kann ich euch sagen. Ich stand deutlich neben mir und war sehr schläfrig. Da die Ärzte mich sowieso nach dem behobenen Shuntverschluss eine Nacht zur Beobachtung dabehalten wollten, wurde ich also mit einem Rollstuhl in mein Zimmer gefahren und schlief auch schnell ein. Ok dachte ich noch, "eine Nacht... bin ich also pünktlich zu Silvester wieder zu Hause.

Nach ungefähr einer Stunde - so glaube ich zumindest - wurde mein Shunt und Blutfluss kontrolliert. Was soll ich euch nun sagen: Er was wieder zu – och nö nö nöööö!

Also, was wurde entschieden? Richtig: eine Operation. Ich bekam also unverzüglich das berühmte und wunderschöne Hemdchen und wurde in Richtung OP-Räume gefahren. Mit Silvester sollte es wohl doch nichts mehr werden.

Eine OP kann auch mal ein Spielfilm sein

In der Shuntchirurgie angekommen nahmen mich gleich zwei sehr liebe Narkoseschwestern entgegen und klärten mich noch einmal auf. Es dauerte und dauerte und ich wurde langsam unruhig, was auch den Anwesenden dort aufgefallen war. Da hatte eine Schwester plötzlich eine Idee. Sie sagte zu mir: ich habe da etwas für sie und ging weg. Nach kurzer Zeit kam sie mit einem Koffer in der Hand zurück und fragte mich, ob ich Lust hätte, Musik zu hören oder Fernsehen zu schauen. Ich schaute sie an und meinte "Musik oder Fernsehen? 😂

Sie machte also den Koffer auf und ich dachte, ich sehe nicht richtig. Sie holte eine VR-Brille heraus 😀.

Wollen sie ein Konzert, eine Tierdoku oder einen Hollywoodfilm schauen? Ich konnte ja nicht mehr vor Lachen! Ich entschied mich spontan für einen Hollywoodstreifen namens Misson Impossible. Sie setzte mir die Brille mit Kopfhörern auf und startete den Film, war das cool. Von meiner Nervosität war plötzlich nichts mehr zu spüren. Mit der VR-Brille verging dann ca. eine Stunde wie im Fluge und plötzlich ging es dann los in den Operationssaal. Dort angekommen wurde ich vorbereitet und schaute währenddessen den Film weiter – so verrückt.

Nach insgesamt knapp zwei Stunden war der Film dann zu Ende. Und die OP ebenfalls, ich habe davon so gut wie gar nichts mitbekommen. Was für ein Erlebnis. Großes Lob an die Klinik für diese tolle Idee.

Der Jahreswechsel mit Shuntverschluss

Ich wurde nun wieder auf mein Zimmer gebracht. Alles scheint gut zu sein. Ich hatte auch keine Schmerzen, da mein kompletter Arm noch betäubt war. Nach ca. 24 Stunden bekam ich auch wieder ein Gefühl in den Fingern und nach und nach auch in meinem kompletten Arm. Was für ein komisches Gefühl, wenn man seinen Arm nicht spüren kann. Drei Tage musste ich dann nach meinem Shuntverschluss noch im Krankenhaus verbleiben.

Das war mein Jahreswechsel im Krankenhaus - "Frohes neues Jahr, ihr Lieben.

Eure Tanni

Bildnachweise:
Cover Foto von Natalie Kinnear auf Unsplash

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